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MYBERGTOUR'S FINEST

Foto Speedy Füllemann

Grimsel, Handegg | Fair Hands Line****

10 SL | 350m | 6a+ (5c+ obl)

J. von Känel, M. Stettler 78

Saniert M. Stettler, U. Kämpf, P. Schubert 97

 

Die Gletscher haben am Grimsel über Jahrtausende gearbeitet, an den Felsen geschliffen und uns dadurch eine atemberaubende Felslandschaft zurückgelassen. Die Grimselregion erinnert sogar ein wenig an das Yosemite Valley in Kalifornien. Beide wurden stark vom Gletscher geformt. In beiden stehen eindrückliche Felsbastionen aus hartem Granit, welche dem Gletscher trotzen konnten. Beide sind einzigartige, wunderschöne Gebirsregionen.

Fair Hands Line an der Handegg ist eine der bekanntesten sowie beliebtesten Klettertouren am Grimsel. Die Tour überzeugt gleich in mehrerlei Hinsicht: erstens dürfte der äussert kurze Zustieg von 15-20 Minuten bei den allermeisten Kletterern ein zustimmendes Kopfnicken auslösen. Zweitens, und dies ist das Hauptargument, bietet Fair Hands Line wirklich sehr tolle und insbesondere abwechslungsreiche Kletterei, die mit weit mehr als reiner Plattenschleicherei aufwartet.

Fair Hands Line kann man grob in drei Abschnitte unterteilen: Am Anfang findet man die für den Grimsel typischen Reibungsplatten, wo man ganz präzis und sauber, jedoch auch entschlossen antreten muss, darf, soll... Hat man die ersten, nicht trivialen Längen hinter sich, steilt die Tour im zweiten Teil auf und bietet griffige Kletterei der Extraklasse. Fair Hands Line folgt hier stets den Rissen, welche neben einigen Finger- und Handklemmern insbesondere zahlreiche Henkel bieten. Hammer! Ab der SL6 legt sich der Pfeiler wieder zurück und mit ihm die Schwierigkeiten, da der Fels griffig bleibt, was die Kletterei sehr konsumfreundlich macht. Speziell zu erwähnen im dritten Teil ist die Länge 9, wo die Steilheit nochmals zunimmt. Hier klettert man zuerst über eine schöne Rissschuppe und anschliessend an kleineren, aber immer noch griffigen Strukturen über eine tolle Wand. Wunderschön! Hier kommt also auch noch der Wandkletterer kurz auf seine Kosten. 

 

Fair Hands Line wurde 1997 saniert und ist mit hochwertigen Klebehaken ausgestattet. In den schwierigen Passagen stecken diese oft eng, gerne auch neben Strukturen, die man sehr gut mobil sichern könnte. Im einfacheren Gelände muss man dennoch viele Passagen klettern, in welchen man weit bis sehr weit stürzen könnte und die kaum mobil gesichert werden können. Insgesamt sollte man die Schwierigkeiten also beherrschen oder einen soliden Vorsteiger oder Bergführer dabei haben.

 

Zuletzt überzeugt die Tour noch mit einem aussergewöhnlichen und sehr effizienten Abstieg entlang der Gelmerbahn. Manch einer wünscht sich die vorbeifahrenden Wagen würden einen mitnehmen. Dem ist leider nicht so... Dafür ist man sich der Reaktionen der vorbeifahrenden Touristen sicher. Viele Bewundern die mutigen Kletterer, winken fröhlich zu und einige können sich einen schadenfreudigen Spruch nicht verkneifen… Das würde uns wahrscheinlich ebenso gehen und wie könnte man dies anders als mit Humor nehmen, klingen die zehn grossartigen Seillängen und der grandiose Fels doch noch wunderbar nach.